Südtirol nach dem Zweiten Weltkrieg

Das Gruber-Degasperi-Abkommen
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs verweigern die Siegermächte Südtirol das Selbstbestimmungsrecht, verpflichten allerdings Italien und Österreich zu Verhandlungen über Südtirol. Am 5. September 1946 unterzeichnen der italienische Ministerpräsident Alcide Degasperi und der österreichische Außenminister Karl Gruber den Pariser Vertrag. Darin sind besondere Maßnahmen festgeschrieben, die der Südtiroler Bevölkerung die Entwicklung von Sprache, Kultur und Wirtschaft sichern soll. Das „Gruper-Degasperi-Abkommen“ wird integrierender Bestandteil des Friedensvertrags der Alliierten mit Italien und damit auch offiziell eine internationale Angelegenheit.

Die Feuernacht und das Autonomiestatut
Weil der Pariser Vertrag auch 15 Jahre nach dessen Abschluss nicht umgesetzt ist, wendet sich Österreich an die UNO. Gleichzeitig eskalieren die Spannungen im Land. In der Nacht des 11. Juni 1961 werden Dutzende Hochspannungsmasten in ganz Südtirol gesprengt. Die „Feuernacht“ richtet die Aufmerksamkeit der italienischen und europäischen Öffentlichkeit auf Südtirol.
Im Anschluss an die Debatten vor der UNO und die Bombenanschläge Anfang der 60er Jahre beginnen langwierige Verhandlungen zwischen Rom, Bozen und Wien. Diese münden letztendlich in ein ganzes „Paket“ an Maßnahmen, die ihren Eingang in das Zweite Autonomiestatut finden, welches am 20. Jänner 1972 in Kraft tritt.
20 Jahre später (1992) sind die Maßnahmen des Pakets umgesetzt, Italien und Österreich können festhalten, dass das Ziel eines effizienten Minderheitenschutzes erreicht ist und den seit 1959 dauernden Streit vor der UNO nun auch offiziell beilegen (Streitbeilegungserklärung). Die Südtirol-Autonomie bleibt international verankert.

Das Ende der europäischen Binnengrenzen und die Europaregion Tirol (2011)
Nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und dem Inkrafttreten des Schengener Abkommens wird der Grenzbalken am Brenner im Jahre 1998 entfernt.

Im Jahre 2011 wird die Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino auf der Grundlage der Verordnung 1082 vom 5. Juli 2006 des Europäischen Parlaments als zweiter EVTZ  in Italien (als erster in Österreich) und als 21. in Europa mit eigener Rechtspersönlichkeit gegründet und ein gemeinsames Büro in Bozen eröffnet. Der EVTZ soll als Europäischer Verbund für Territoriale Zusammenarbeit vor dem Hintergrund des Prozesses der europäischen Integration die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit zwischen seinen Mitgliedern erleichtern und fördern.

Die Europaregion vereint ca. 1,7 Millionen Einwohner auf einer Gesamtfläche von 26.255 km², aufgeteilt auf die zwei autonome italienischen Provinzen Bozen-Südtirol und Trentino sowie auf das österreichische Bundesland Tirol. Sie stellt eine Schnittstelle und gleichzeitig eine Plattform verschiedener Kulturen und Mentalitäten dar, eine Chance bieten soll, kulturell, politisch und wirtschaftlich zusammenzuwachsen.


Martin Niederkofler
Martin Niederkofler

Veröffentlicht am 31. Dezember 2016